Glockenspiel - page 7

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Glockenspiel: Sonderthema „Reformation lokal“
Diese
war
eine
Gemeinherrschaft
(„Kondominium“), die nur zu einem Fünftel
zur Kurpfalz gehörte, je zwei Fünftel gehör-
ten dem Pfalzgrafen Johann von Simmern
sowie dem Markgrafen Philibert von Baden.
Zum Amt Kreuznach gehörten auch Weins-
heim und Rüdesheim. Die Reformation in
Weinsheim kam 1557 an - also 40 Jahre,
nachdem Martin Luther seine berühmten 95
Thesen an die Pforte der Wittenberger
Schlosskirche genagelt hatte. Damals wur-
den Weinsheim und Rüdesheim zusammen
mit der Grafschaft Sponheim lutherisch.
Schon ein Jahr später, also 1558, wurde
aber der kurpfälzische Einfluss stärker, und
wir wurden reformiert. Das hat dann aber
nur bis 1577 gehalten, denn in diesem Jahr
vertrieb der streng lutherisch orientierte
Kurfürst Ludwig VI. von der Pfalz die refor-
mierten Pfarrer aus seinem Bereich.
So ging das viele Jahre hin und her. Aber
über die Jahre festigte sich der evangelische
Bekenntnisstand, und zwar sowohl die lu-
therische wie die reformierte Fassung. Als
im Jahr 1685 das pfälzische Herrscherhaus
wieder katholisch wurde, reichte es nicht
mehr für eine durchgreifende
Umkehr der Verhältnisse. Die
Kirchen wurden per Erlass
1697 zu Simultankirchen, wur-
den demnach fortan von
Evangelischen und Katholi-
schen gemeinsam für Gottes-
dienste genutzt. Dies ist lange
so geblieben: In Weinsheim
bis 1905 und in Rüdesheim bis
1889. Der Bekenntnisstand
hat sich zum letzten Mal 1817
geändert, als unsere Region
dem Rheinland der Preußi-
schen Union beitrat, seither
sind wir also offiziell „uniert“.
1811 war die alte Weinshei-
mer Kirche so baufällig, dass
sie abgerissen werden muss-
te. Der klassizistische Neubau entstand
1823-25. Nicht ganz ein Jahrhundert später,
am 14. Juli 1908, wurde die katholische Herz
-Jesu-Kirche eingeweiht. Hiermit endete das
Simultaneum und beide Konfessionen feier-
ten fortan die Gottesdienste in ihren eige-
nen Kirchen.
Die Rüdesheimer Kirche stammt in ihren
ältesten Teilen aus dem Jahr 1466. Sie war
dem Heiligen Martin geweiht. In ihrer heuti-
gen Form besteht die Kirche seit 1743. Nach
1787 wurde sie mehrfach renoviert. Dabei
ist sie ein Stück länger geworden, und an
Stelle des kleinen Dachreiters hat man ei-
nen freistehenden Glockenturm errichtet.
Zum Schluss klären wir noch die Frage, wa-
rum denn Weinsheim als erster Ort im Na-
men der Kirchengemeinde genannt wird:
Weinsheim war früher der größere Ort und
bis heute Pfarrsitz. So einfach war das.
Gehen Sie doch mal auf Spurensuche in Ih-
rer Heimatgemeinde: Die Reformation hat
überall ihre Spuren hinterlassen. Seit vielen
Jahren sind wir aber schon wieder miteinan-
der auf dem Weg und freuen uns über eine
lebendig gelebte Ökumene. (ae/vg/hs)
Etwa an dieser Stelle befand sich die alte Weinsheimer Kirche, die
wegen Baufälligkeit 1811 abgerissen werden musste.
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