Gemeindebrief

Gemeindebrief der Ev. Kirchengemeinden Nachbarschaft Bad Kreuznach Land 3 Es geht uns gut – Dankbarkeit! Wir leben in einer unruhigen, einer unfriedli- chen und schwierigen Zeit. In verschiedenen Teilen der Erde, ja, sogar in Europa, herrscht Krieg! Das hat weitreichende, kaum zu über- blickende, Konsequenzen für zahllose Men- schen, für die Wirtschaft, das Klima, die Er- nährung der Weltbevölkerung! Die Pandemie ist noch nicht überwunden und der Klimawan- del gefährdet das Leben auf dem Planeten. Man könnte verzweifeln, die Augen vor Reali- täten verschließen, sich weit wegwünschen oder sich rund um die Uhr bedauern. Szenenwechsel: Es ist Sonntag, ein sonni- ger Tag im Juni. Bis zum Beginn des Gottes- dienstes, den Herr Pfr. i.R. Lermen gleich vor der Rotenfelshalle in Norheim halten wird, bleiben noch einige Minuten Zeit, um sich um- zuschauen und nachzudenken. Meine Frau und ich sitzen unter einem prächtigen, gesun- den und kräftigen Ahornbaum. Sei- ne Krone ist dicht und grün. Offen- sichtlich be- kommt der Baum ge- nug Was- ser. Er ist auch ein aus- gezeichneter Schattenspender, an einem Tag, für den in der Region sehr hohe Temperaturen vorher- gesagt wurden. Ein milder Luftzug vom Ufer der Nahe bringt zusätzlich etwas kühlere und frische Luft zu uns – eine Wohltat! Noch gibt es ein paar unbesetzte Stühle. Aber eine erfreulich große Gruppe von Men- schen hat sich bereits zu diesem Gottesdienst eingefunden. Haupt- und Ehrenamtlerinnen haben ihn vorbereitet, haben Stühle, eine Ver- stärkeranlage und ein elektronisches Klavier aufgestellt. Der Gottesdienst beginnt. Die biblische Geschichte vom armen Laza- rus und dem reichen Mann (Lukas 16, 19-31) bildet die Grundlage der Predigt. Es geht um ungerechte Verteilung von großem Wohlstand und bitterer Not. Die Predigt rüttelt auf, verur- sacht hier und da ein schlechtes Gewissen und transportiert mitunter bittere Wahrheiten. Hr. Pfr. Lermen spricht „Klartext“. Wenn Menschen in stabilen wirtschaftlichen Verhältnissen, in diesem Land und in der Re- gion, über Inflation und enorm gestiegene Le- bensmittel- und Spritpreise klagen, so drückt er sich sinngemäß aus, dann wolle er ihnen am liebsten sagen, dass die Menschen im Bunker von Mariupol sicherlich gerade für die finanziell leidende, deutsche Bevölkerung Spenden sammelten. Was provoziert und zum Teil zynisch klingt, setzt jedoch „heilsame“ Ge- danken frei. Die Äußerungen des Pfarrers werden zu meinen Gedanken. Sie entwickeln sich weiter und beschäftigen mich nicht nur an diesem Tag. Auch in der Folgewoche denke ich immer wieder darüber nach. Die Predigt, der bibli- sche Text und dessen auf die Gegenwart be- zogene Auslegung sind nur eine Momentauf- nahme und ohne Allgemein-gültigkeit. Sie können nur einen Ausschnitt aus der Le- benswirklichkeit der heute hier An- wesenden zeigen und sie wol- len nicht verletzen. Und doch entfalten sie eine gewaltige Wirkung. Uns geht es so gut! Wir dür- fen und wir sollten dankbar sein! Und diese Er- kenntnis lässt sich auf vielfältige Wei- se nutzen: Wir können uns mit ande- ren Menschen, denen es nicht annähernd so gut geht wie uns, solidarisie- ren, sie finanziell und auf andere Weise unter- stützen, ihnen helfen und uns um sie küm- mern! Wollen wir uns verhalten wie der reiche Bauer aus der biblischen Geschichte, der nach seinem Tod die Konsequenzen seines egoistisch geführten Lebens nicht akzeptieren kann? „Eigentum verpflichtet!“, sagt der Pfar- rer in seiner Predigt. Heute, Wochen später, ist beim Lesen die- ses Artikels die eigene Situation und die der Bevölkerung dieses Landes zum Teil schon wieder eine andere; manches aber bleibt gleich. Die noch bestehende Ansteckungsge- fahr, die Lebens-haltungskosten und eine ge- wisse Angst vor einem kalten Winter beschäf- tigen uns. Und dennoch: Es geht uns sehr gut! Wir dürfen dankbar sein! Text: Georg Arns

RkJQdWJsaXNoZXIy MzUyNzc=